Gerade ist die neue bundesweite Corona-Warn-App gestartet und Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) ruft dazu auf, die Anwendung zu nutzen. "Nur so kann sich das Potential der App im Sinne des Gesundheitsschutzes entfalten. Klar ist aber auch, niemand darf und muss sich dafür rechtfertigen, ob man die App nutzt oder nicht."
Die italienische Flagge weht auf dem Balkon im vierten Stock des Hauses an der Harzer Straße. „Corona!“ johlt es aus einem schweren, weißen SUV, der an der Straßenecke in die Treptower Straße einbiegt.
Alle Türen des unter Quarantäne gestellten Blocks sind versperrt. Aber auf den Balkonen lassen sich immer mal wieder Bewohner blicken. Einer lächelt sogar: „Und, wie geht es?“ – „Langweilig“, sagt er. Seinen Namen möchte er nicht nennen, aber den Plausch lässt er aufzeichnen.
Alle Bewohner seien in der vergangenen Woche auf den Covid-19-Erreger getestet worden. „Ich bin negativ!“. Warum er – und alle anderen Bewohner auch – trotzdem in Quarantäne müssen, kann er nicht verstehen. Aber sein Chef habe Verständnis, dass er nun unfreiwillig zwei Wochen der Arbeit fernbleibt.
Ganz oben im vierten Stock haben es sich Mieter gemütlich gemacht unter breit aufgespannten Sonnenschirmen. Auch im Nachbargebäude stecken Bewohner von Zeit zu Zeit die Köpfe raus und blicken ebenso stoisch herunter auf das Fernsehteam auf der Straße wie dieses nach oben.
Ein halbes Dutzend Kleinkinder steuert den Spielplatz gegenüber an, von zwei Erzieherinnen angeleitet. Im Erdgeschoss des Hauses liegt eine Kita. Aber fast überall sind die Rollläden heruntergelassen. Und die Türen dicht.
„Die haben es übertrieben“, sagt eine ältere Dame im Vorbeigehen. „Standen in Gruppen zusammen und riefen ‚Corona!‘“. Sie schüttelt den Kopf, nimmt Geschwindigkeit auf und entschuldigt sich: „Mein Bus!“.
Eine Läuferin eilt vorbei, Basecap in die Stirn gezogen, Kopfhörer im Ohr. Der Block hat eine gute Lage, nicht weit vom Kiehlufer entfernt. Keinen Kilometer weiter wollte Google mal sein Lab öffnen – zog aber zurück wegen der Aktivisten, die eine Aufwertung des Quartiers und der Verdrängung weniger zahlungskräftiger Mieter befürchteten. (Ralf Schönball)